Es ist höchste Zeit, dass wir uns alle einmal ernsthaft Gedanken machen – es ist fünf vor zwölf.

Es ist höchste Zeit, dass wir uns alle einmal ernsthaft Gedanken machen – es ist fünf vor zwölf.
Zuerst Immendorf und Godorf, dann Weiß und Sürth – jetzt auch Raderberg und -thal, alle sind mittlerweile betroffen. In unseren schönen Vororten schließen immer mehr Geschäfte, und die Gründe sind fast immer dieselben: zu hohe Mieten, zu wenige Kunden und Mitarbeiter sowie eine Flut an bürokratischen Auflagen, die es Selbstständigen immer schwerer machen und verwaiste sowie leere Straßenzüge ohne Unternehmen erzeugen. Zudem gehen viele Unternehmer in den Ruhestand, doch es scheint kaum noch junge, dynamische Nachfolger zu geben. Ein klassischer Beruf scheint für die neue Generation nicht mehr attraktiv zu sein. Das ist schwer nachvollziehbar, denn wir alle brauchen doch einen Friseur, Metzger oder Verkäufer. Auch ist es unbegreiflich, dass heutzutage fast jedes Kind studieren muss, während handwerkliche Ausbildungen kaum noch wertig behandelt werden. Unsere Jugendlichen werden oft von Nachhilfe zu Nachhilfe geschickt, um sich mit Mühe einen Studienplatz zu sichern, um dann, nach harten Jahren, in einem Job zu landen, der genauso viel Zeit und Energie kostet, anstatt frühzeitig ihre Berufung und diese heimatnah und mit Freude zu leben. Die Vermieter tun dann noch ihr Übriges und haben oft nur noch ihren Profit im Blick und nicht die Verantwortung, die sie für den Erhalt einer lebendigen, stabilen Nachbarschaft tragen. Eine ständige Fluktuation, regelmäßiger Leerstand und der Verlust der einzigartigen Straßenkultur schaden uns allen. Wir sollten alle einmal innehalten und uns fragen, ob wir wirklich alles verlieren wollen, was wir an unserer Stadt und unserem Viertel lieben. Darum müssen wir alle aktiv werden, und jeder muss seinen Beitrag leisten, dass der Handel, das Handwerk und die Dienstleister bleiben und kurze Wege unsere Ressourcen schonen. Wir müssen überdenken, wie wichtig es ist, ein bekanntes, freundliches Gesicht im Geschäft zu sehen und darzustellen, statt nur eine Nummer im Internet zu sein. Auch sollten wir guten Service wieder schätzen lernen, Handwerker wieder achten und nicht alles als selbstverständlich sehen. Wir wollen doch als Kunde König sein und keine KI-Stimme in der Telefonkette als Ansprechpartner haben, oder? Wenn wir heute jedoch nur noch in einem ständigen Wettlauf sind, ständig fordern, aber nichts mehr geben und nicht mehr lokal einkaufen, dann wird sich nichts ändern. Wenn Geschäftsinhaber nur noch ihren Profit im Blick haben, können wir auf keine Veränderung hoffen. Und wir sollten uns immer fragen, eine kleine Unterhaltung ist doch viel wertvoller als sich in der Einsamkeit durchs Internet zu klicken. Es ist doch schön, echte Fachkompetenz zu erleben und mit echten Menschen im Austausch zu stehen, statt sich nur mit Technologie auseinanderzusetzen. Ich für meinen Teil schätze Fachpersonal, kaufe lieber lokal und bin ein treuer „Ich-lass-mein-Geld-im-Veedel-Kunde“. Es gefällt mir, mit Namen angesprochen zu werden und zu wissen, dass der Mensch mir gegenüber meine Bedürfnisse kennt. Ich schätze es, wenn man mir sagt „Schön, dich zu sehen!“ und mich am Ende mit einem herzlichen „Auf Wiedersehen!“ verabschiedet. Denn ja, Ihr werdet mich im Stadtteil sehen – ich habe mich bewusst für den Kölner Süden entschieden, um hier zu leben und zu arbeiten, aber auch um mein Geld zu lassen. Ich bin froh, bei jeder Frage echte Experten in meiner Nähe zu haben. Und es ist schön, wenn mir aus den Schaufenstern zugewinkt wird und ich spontan einen Platz in einem Restaurant bekomme, das ich zu Fuß erreichen kann. Wir alle sind ein Teil des Ganzen, und jeder kann seinen Beitrag leisten. Jeden Tag können wir uns entscheiden, unseren Kölner Süden zu unterstützen – oder durch unser Verhalten ein Stück zu verlieren.