Stefanie Daniel berichtet über das Ferienangebot des Kinder- und Jugendzentrums Meschenich für Kinder mit Handicap
Für Familien mit gesunden Kindern gehört es zum Alltag, dass diese Kinder in den Ferien an einer Ferienbetreuung in ihrer Grundschule teilnehmen können. Zudem haben dieseEltern die Möglichkeit, ihre Kinder in diversen Ferien- oder Sportcamps anzumelden. Für Familien mit einem Kind mit Behinderung, das eine Förderschule besucht, gestaltet sich die Ferienzeit deutlich schwerer, da es gesetzlich nicht verankert ist, dass an Förderschulen eine Ferienbetreuung vorgesehen ist. Darüber hinaus ist die Inklusion noch nicht so weitentwickelt, dass jeder Tanz- oder Schwimmkurs, jedes Reit- oder Fußballcamp für Kinder mit Behinderungen geeignet istund sich die Institutionen oftmals nicht dazu in der Lage sehen, ein Kind mit einer Behinderung in diesen Kursen aufzunehmen. Dies hängt natürlich immer davon ab, welche Behinderung das Kind mit sich bringt, ein laufendes Kind mit einer geistigen Einschränkung ist beispielsweise anders zu betreuen als ein schwerstmehrfach behindertes Kind im Rollstuhl, das z.B. zusätzlich gewickelt und sondiert werden muss.
Somit sehe ich den Ferienzeiten nicht immer sehr freudestrahlend entgegen, da der Alltag mit einem Kind mit Behinderung, je nach Grad der Behinderung, sowieso deutlich schwerer ist und jede Art der Betreuung, sei es im Kindergarten, in der Schule oder durch eine Babysitterin eine enorme Entlastung für uns Familien darstellt.
Ich bin Mama von zwei behinderten Kindern und warunglaublich glücklich und gerührt darüber, als ich davon hörte, dass das Kinder- und Jugendzentrum Meschenich der Förderschule Belvedere anbot, ihr Projekt “Künste öffnet Welten” mit den Schülern durchzuführen. Dies ist ein bundesweites Programm der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKI) im Rahmen des Gesamtprogramms “Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung” des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Mit dem Ziel “Bildungsgerechtigkeit und Teilhabe” zu stärken, trat das Jugendzentrum an unsere Schule heran. Es ist für jede Institution natürlich einfacher, ihr Projekt mit gesunden Kindern durchzuführen. Umso schöner ist es, wenn sich eine Institution wie das Kinder- und Jugendzentrum Meschenich bewusst dazu entscheidet, sich dieser deutlich herausfordernderen Aufgabe zu stellen, ihr Projekt mit Kindern mit einer unterschiedlichen Bandbreite anBehinderungen anzubieten. Das Schöne daran war, dass niemand ausgeschlossen werden sollte. Jedes Kind, ob laufend oder im Rollstuhl sitzend, ob sprechend oder nicht, durfte dabei sein. Und genau das ist Inklusion, wie wir Eltern von Kindern mit einer Behinderung uns das wünschen. Wohl wissend, dass nicht alles zu 100% inklusiv gestaltet werden kann und auch Förderschulen nach wie vor ihre absolute Berechtigung haben und meines Erachtens nicht abgeschafft werden dürfen.
Nun galt es dieses Projekt als ein Ferienangebot für die Herbstferien zu planen und dabei musste einiges beachtet werden. Man musste sich über jedes angemeldete Kindausführlich informieren. Dabei ging es z.B. um die Mobilität, die Kommunikation, das Essverhalten, Medikamentengabe, Reaktionen im Notfall wie z.B. ein epileptischer Anfall. Daraufhin musste Personal gesucht werden, damit einigen Kindern je nach Schwere der Behinderung einInklusionsbegleiter an die Seite gestellt werden konnte. Auch medizinisches Fachpersonal musste eingeplant werden. Ein weiteres Problem war der Transfer zur Schule, der im Schulalltag durch einen Bustransfer erfolgt. Einige Familien hatten nicht die Möglichkeit ihr Kind für die Ferienbetreuung in die Schule zu fahren, entweder aufgrund der eigenen Berufstätigkeit oder weil sie kein Auto besitzen. also musste ein Fahrdienst organisiert werden. Da dieser eine sehr kostspielige Komponente darstellt, mussten Stiftungen angefragt und Konzepte geschrieben werden. Ein riesiger Aufwand für zwei Wochen Ferienbetreuung. Im ersten Moment kaum vorstellbar und vermutlich mit einer der Hauptgründe, warum sich viele Organisationen dagegen entscheiden, inklusiv zu arbeiten.
Dieses Projekt hat jedoch gezeigt, dass sich der enorme Aufwand, die vielen Gedanken und Arbeitsstunden im Vorfeld zu 100% gelohnt haben und die zwei Wochen ein ganz wundervoller Erfolg waren. Die Kinder hatten alle sehr vielSpaß, sie haben sich an diversen Kunsttechniken erprobt, es wurden Ausflüge gemacht und das Schwimmbad in der Schule wurde auch genutzt.
Doch nicht nur die Kinder waren glücklich. Nein, es waren alle Beteiligten mit voller Freude und Engagement dabei. Und es ging nicht nur um den reinen Spaß an der Sache. Nein, es geht viel weiter darüber hinaus, dass jeder vom anderen ein Stück weit lernen konnte, ob auf organisatorischer Ebene oder vielmehr auf menschlicher Ebene.
Die Planung dieser zwei Wochen zeigt natürlich deutlich, wieviel höher der Aufwand ist, mit Kindern mit Behinderung ein solches Projekt auf die Beine zu stellen oder in irgendeiner anderen Form zusammen zu arbeiten. Dies können vor allem die Eltern bestätigen, die tagtäglich mit ihren behinderten Kindern zusammenleben. Angefangen beim Anziehen, übers Essen bis hin zum Schlafen gehen gilt es diverse Hürden zu überwinden, vieles dauert unter Umständen länger oder kann nur mit Hilfsmitteln oder helfenden Händen erfolgen.
Inklusion ist keineswegs einfach, sondern meiner Meinung nach eine Einstellung, eine Haltung und besonders eine Herzensangelegenheit.
Und aus diesem Grund möchte ich mich von Herzen bei dem Kinder- und Jugendzentrum Meschenich bedanken, dass sie sich auf diese besondere Reise begeben haben und somit die Komfortzone verlassen haben. Davor habe ich großen Respekt!